Dental-Phobie - nur zum Gucken
erstellt am - 13/01/2010 : 18:24:28
Hallo,
ICH HABE ES GESCHAFFT!!!!!!
Aber auch nur, weil Mutti mit war, mich begleitet hat. Ich währe sonst sicherlich einfach die Straße weiter gegangen.
Das Gespräch war gut, wenn es auch sehr anstrengend und ich sehr zittrig war.
Es sind viele Tränen geflossen.
Meine Tränen taten mir so endlos gut. Ich lasse sie nur zu, wenn ich das Gefühl habe, ich werde dafür nicht komisch angeguckt, und wenn ich das Gefühl habe, hier darf ich so sein.
Und das war hier auch so.
Zwar kann ich nicht beschreiben, wie das alles dort aussah, nur an ein Wohnzimmerartiges Wartezimmer erinnere ich mich.
Es hat auch viele Geschehnisse aus meiner Vergangenheit wachgerüttelt.
Bilder tauchten auf, und gingen. Es war zeitweise wie im Film, war auch oft weg. In mir, sonst wo...
Tranceartig.
Ich fühlte mich total abgespalten vom Körper, bin ‚aus mir’ gegangen. Typische Symptome von DIS, Depersonalisation...
Da waren dann die verschiedenen Persönlichkeiten da, was mich stresste, aber auch Mut gab. Ich war zeitweise ganz weg im Wartezimmer, aber sofort wieder da, wenn es aus dem Behandlungszimmer, wo sich Menschen bewegten, Geräusche gab. Ich war hellwach, panisch vor Herrn Mehrstedt, was aber sofort verschwand als er mir die Hand gab. Da war ich dann voll da, hatte aber diese Bilder als Film. War im Gespräch, antwortete... aber ich kann mich ganz schlecht erinnern. Weiß aber, dass ich sehr stolz auf mich sein darf. Das dürfen wir alle sein, die das durchstehen müssen.
Ich habe vorher auch nicht gewusst, was es denn genau ist, was mich das so sein lässt, wie ich dort war. Aber heute kommen dazu Bilder, ahne ich, besser spüre ich, was es unter anderem ist.
Es sind die Geräusche, es ist die Angst jemand will in mich eindringen.
Jemand will in meinen Mund.
Die Angst vor Schmerzen, insbesondere beim Eindringen.
Da tauchen Bilder auf aus der Kindheit, aber irgendwie verschwommen.
Ich kann mich nicht erinnern.
Da ist das Bild:
Ich stehe an einer Hausecke, warte, habe totale Angst, warte auf einen Älteren, warte und warte, schweige... stehe da, zittre, hoffe er kommt nicht. Mehr weiß ich nicht. Die weiteren Geschehnisse sind weg.
Ich höre die Geräusche des Bohrers.
Es soll ja alles in Vollnarkose passieren, wird auch so sein. Nur so kann ich es überhaupt, denn ich habe viel zu viel Angst vor dem Eindringen in meinem Mund... vor dem Schmerz, vor den Bildern die am schmerzlichsten sind. Vor allem, weil ich nicht weiß, nicht erahnen kann, was da eventuell an Bildern auf mich zukommt.
Da es dann auch alles eher schnell passieren sollte/soll, denn nun bin ich entschlossen, habe ich die Kraft durch Mutti, durch den Psychiater... das ich das schaffe. Aber es macht mir Angst, weil ich noch keinen Therapieplatz habe, aber ich habe Anlaufadressen für den Notfall.
Ich weiß auch, das Herr Mehrstedt nichts macht, was ich nicht will.
Das ist ganz wichtig. Er hat mir das immer mal wieder gesagt, und ich vertraue ihm. Er hat es geschafft, das ich Vertrauen zu ihm aufbaue, mich sicher bei ihm fühle. Außerdem wollte ich ja, dass es so schnell wie möglich geht. Er sagte dann: „Machen wir einen Termin nur zum Gucken, eventuell noch Röntgen. Am nächsten Mittwoch. Ok?“
Ich dachte, Mittwoch eine Woche später.
Doch der Mittwoch war schon übermorgen, stellte sich dann für mich raus. Mutti stand neben mir, und so willigte ich ein. Zitternd nahm ich den Terminzettel entgegen. Mir wurde schlecht, und ich musste nun auch schnell da raus. Ich rannte die Treppe herunter. Draußen stand ich da, und holte erst mal tief Luft. Ich nahm den Geruch des Schnees und der Autoabgase wahr, und war so froh... es war gut wieder etwas normales wahrzunehmen.
Die Fahrt nach Hause war ganz still.
Ich konnte nicht sprechen, war sehr, sehr müde. 13 Stunden körperlich schwer arbeiten kenne ich, auch dieses ‚geschafft und müde sein’ davon, doch dieses Gefühl war noch stärker.
Jetzt, wo ich das hier schreibe, ist es seltsam.
Ich sehe es wie einen Film...
ich sehe mich, bin Zuschauer, schreibe, aber meine Hände sind wie abgespalten. Ich habe das noch gar nicht richtig erfasst. Ich war da, kann es selber gar nicht glauben. Jetzt rauscht es, ruckelt es, wie eine Bildstörung. Ich sehe schwarz-weiß Bilder, Bilder aus dem Fernsehen, der im Wartezimmer lief. Ein Schwarz-Weiß-Film, aber was da lief? Keine Ahnung.
Auch ein Aquarium gab es. Soll ja beruhigend wirken. Ich sah da auch mal hin, aber irgendwie beruhigte es nicht. Es war sehr laut in meiner Wahrnehmung. Diese Pumpe schien zu schreien, was die anderen Geräusche übertönte. Ich schaute wieder weg.
Zuhause habe ich schnell ein Brot gegessen, und dann geschlafen.
Ich war ‚fix und foxi’.
Ich hätte mir auch das Behandlungszimmer ansehen können, doch das hätte ich nicht geschafft. Der Blick dorthin reichte mir schon.
Ich hatte noch einen Termin in der psychiatrischen Beratungsstelle, wo ich teilweise völlig geistesabwesend war. Chaotisch erzählte, warum ich da wäre, was los ist, wo ich Hilfe brauche... und immer wieder erwähnte ich, sagte ich: „ICH WAR HEUTE BEIM ZAHNARZT!“
Das war mir so wichtig. Die gute Frau konnte zuerst gar nicht verstehen, was daran so besonders war. Bis ich erklärte, kurz. Na und dann heulte ich, weil ich wieder dieses Bild sah, ich zittrig wartend...
Es machte und macht mir Angst.
Ich war froh wieder zuhause zu sein (bei Mutti), denn es gab mein Lieblingsessen. Meine Schwester und ihre Familie waren auch da. Ich sagte: „ICH WAR HEUTE BEIM ZAHNARZT!“
Stolz sagte ich es, und auch diesmal nur verdutzte Gesichter, denn für sie war das etwas normales. Sie verstanden nicht, was daran so wichtig und besonders war.
Ich wollte aber essen, Ablenkung... und nicht daran denken.
Mich erholen.
So war ich froh, als ich wieder auf die Couch konnte. Ich nahm noch meine Medikamente und schlief und schlief. Immer wieder aufgeschreckt, durch Alpträume, an die ich mich nicht erinnere. Immer mehr kamen.
Nun ist Dienstag und morgen schon Mittwoch, der GUCKTAG.
Was war nun schlimmer?
Wieder einzuschlafen, und erschrocken vom Alptraum wieder wach zu werden, oder wach zu bleiben, und an Mittwoch denken, dem Gucken.
Ich schlief wieder ein.
Ich hatte so schlimme Alpträume, die waren so echt. Wenn ich wach wurde, brauchte es einige Zeit, bis ich spürte das es nur ein Traum war.
Um vier Uhr Ich konnte nicht mehr einschlafen, und kochte Kaffee. Dann war ich auch schon nicht mehr alleine, denn Mutti konnte auch nicht mehr schlafen und so frühstückten wir in aller Ruhe.
Ich plante meinen Tag, suchte meine Unterlagen zusammen. Gott sein dank habe ich viele Termine, um mich so abzulenken und nicht Mittwoch zu denken.
Ein Termin beim Psychiater, über den ich froh war. Ich konnte ihm erzählen, dass ich beim Zahnarzt war, das ich ein Schreiben von ihm bräuchte.
Er weiß ja um meine Angst vor dem Zahnarzt.
Ich hatte ja auch mehr Perazin genommen, seit Sonntag schon, weil ich Angst hatte vor Triggern, den Folgen...
Dann zum Arbeitsamt, wegen der Kautionskosten der neuen Wohnung. Zum Vermieter, zur Bank, zur DAK... zum Arbeitsamt, um einen BAB-Antrag für meinen Sohn zu holen... von A nach B.
Keine Zeit zum Denken.
Ein Tag begleitet von Erfolgen.
Ich habe eine Wohnung.
Zwar im Hochhaus, im Ghetto, aber ein Neuanfang. Und mir ist grad alles egal. Die Hauptsache, ich gehe mich an, löse meine Probleme, räume auf.
Zahnarztschilder ließen mich nicht an Morgen denken. Ich verdrängte es. Hatte noch etwas Ruhe in der Hektik.
Aber ich sah den Menschen noch mehr auf den Mund.
So extrem hatte ich das noch nie getan. Ob das auffiel? Kann sein, denn einige schaute mich komisch an. Ich schaute auf ihre Zähne. Sah schöne Gebisse, sah sie sprechen, sie lachen. Dachte: ‚Das kann ich auch bald’.
Und ich hatte Tränen in den Augen.
Ließ sie aber nicht zu, denn ich war mitten im alltäglichem Menschentrubel. Wurde aber auch ganz steif teilweise.
Das war ein ganz tolles Gefühl.
Ein toller Gedanke, zu wissen ich kann bald lachen und frei sprechen. Ich kann mich mit Menschen treffen. Ich kann teilhaben. Ich kann einen Spiegel im Bad aufhängen.
Freudentränen kommen.
Gleich gibt es Essen, und mein Sohn kommt vorbei.
Ich kann ihm sagen: „ICH WAR BEIM ZAHNARZT. ICH BIN IN BEHANDLUNG.“
Das können Menschen, die nicht betroffen sind, gar nicht verstehen, aber es bedeutet so endlos viel.
Es ist das Leben!
Es gibt mir Selbstwertgefühle.
Was mir das an Lebensfreude gibt... es ist schier weg unglaublich.
„Sie können dann bald, sehr schnell Essen gehen“, waren die Worte von Herrn Mehrstedt.
Ich habe Probleme ihn direkt anzuschauen. Aus Scham, aber auch, weil ich ihm so dankbar bin. Ich kann dieses gar nicht in Worte fassen, aber er gibt mir mein Leben zurück. Das ich jetzt Freude empfinde, wenn ich Herrn Mehrstedt denke und daran, was er geschafft hat, war noch etwas ganz anderes.
Noch nie habe ich vorher so empfunden.
Das lässt auch die Angst etwas verschwinden, denn die Freude am Lachen und am Sprechen, ohne Scham und Angst, überwiegt gerade alles. Zahncremewerbung habe ich bisher immer weggedrückt. Läuft nun nebenbei.
Mittwoch.
Es ist Mittwoch.
Ich habe fast gar nicht geschlafen, wachte auf und war fertig. Total erschöpft. Trotz Schlaf. Jedenfalls stundenweise. Ich hatte auch nicht solche Alpträume, wie von Sonntag auf Montag, aber trotzdem habe ich sehr schlecht geschlafen.
Weiches Brot, wie immer mit Marmelade. Ins Bad, aber nur Katzenwäsche, denn bei Mutti hängt ein riesiger Spiegel im Bad. Das geht immer ganz schnell - bloß keinen Blick in den Spiegel. Ich drängte meine Mutter, wollte auf keinen Fall zu spät kommen. Ich war startklar. Es war aber noch Zeit, und so mailte ich zwei Freunden: „ICH GEH WIEDER ZUM ZAHNARZT.“
Noch war auch alles gut.
Noch redete ich, wurde aber immer stiller, je näher wir kamen. Ich sprach von der Angst auf den Stuhl zu müssen, und Mutti sagte: „ES IST DOCH NUR GUCKEN.
NUR GUCKEN!“
JA, aber mit einem Spiegel im Mund!
Wir näherten uns der Praxis, und ich wurde immer verkrampfter.
Nummer 177, 175, 173... Mutti drückte den Klingelknopf, ich wäre weitergegangen.
„Es ist doch nur gucken“, sagte sie. Ich ging in Zeitlupe die Treppen rauf. Mutti, die es mit dem Knie hat, war fast schneller als Ich.
Die Tür auf... rein.
Mir war schlecht!
Ich war steif vor Angst, musste auf die Toilette, saß da und war doch weg. Ich saß da und hatte abgeschlossen, dachte daran wieder zu gehen.
Doch irgendwie schaffte ich es.
Da waren auch dann auch Viktor und die Russin, die mir sagten: „DU SCHAFFST DAS. WIR SCHAFFEN DAS.“
Ich wusste die Russin hat keine Angst.
Sie sollte statt meiner gehen. Das hört sich komisch an, für Außenstehende, doch ich habe mehrere Persönlichkeiten. Dissoziation nennt es sich dieser Zustand.(früher Multiple Persönlichkeit)
Der kleine Junge zog sich zurück, hatte Angst.
Ich sagte: „WIR SCHAFFEN DAS“, und ging in das Wartezimmer, setze mich auf die Couch, von wo aus man Richtung Ausgang blickt. Das ist einfacher auszuhalten, denn man nimmt noch nicht soviel vom Behandlungsraum wahr. Ich nahm die Zeitschrift Ökotest, blätterte, legte sie nach Sekunden wieder weg. Lesen kann ich nicht. Ich starrte auf den Boden. Verkrampfte, nestelte an meiner Hose herum.
Ich sehe es grade wieder wie im Film.
Auf dem Teppich lagen lauter Krümel und Steinchen, vom Streuen draußen. Was für eine Arbeit, hier alles zu saugen. Teppich. Nicht PVC wie sonst meistens, wo einmal gewischt wird. Die Sitzecke erinnerte mich an früher. Meine Eltern hatten auch mal so eine. Das Surren der Pumpe des Aquariums war auch nicht so laut, wie am Montag.
NUR GUCKEN, nur gucken...
“Herr P. bitte...“
Ich ging in den Behandlungsraum.
NUR GUCKEN...
Herr Mehrstedt begrüßte mich mit Handschlag, sagte beruhigende Worte. Ich setzte mich total unbeholfen auf den Behandlungsstuhl, zitterte ganz doll, weinte. Ich bekam Schmerzen in den Beinen, war total verkrampft, klammerte mich an die Armlehnen. Herr Mehrstedt sagte was er machen wolle. Und er benutze auch nur den Spiegel. Irgendetwas saß da am Stuhl. Ein Plastiktier glaube ich. Die Zahnarzthelferin war auch im Raum, aber Gott sei dank nur im Hintergrund. Sie sah hoffentlich nicht viel von meinen Zähnen. Ich versuchte den Mund aufzumachen und hatte ein ganz schreckliches Bild vor mir. Etwas sexuelles. Eine sexuelle Handlung. Und dann sagte er etwas, was ich zwar hörte, aber kaum verstand. Es klang wie zehn Kilometer entfernt. Ich sah mich auf dem Stuhl. Dann spürte ich den Spiegel im Mund. Ob ich die Prothese herausnehmen könne, fragte er. Nein das geht nicht, denn sie ist verklebt mit Sekundenkleber. Alles ist vorne nur Haufen Klebe, keine Zähne. Aber das mochte ich sagen. Ich sah dann das männliche Geschlechtsteil vor mir. Groß und gewaltig. Er redete, sprach zur Helferin. Ich hörte es wie weit entferntes Rauschen.
Es piepte im Ohr.
Was ist los, wo bin ich?
Ich war weg. Reagierte auf seine Anweisungen. In den Momenten war ich da, aber auch gleich wieder weg. Wo, dass weiß ich nicht. Ich verließ meinen Körper, es war ein bekanntes Gefühl. Ich machte mit. Weinte, krallte mich an den Stuhl, zitterte. Panik.
Ich sah einen kleinen blonden Jungen der um Hilfe schrie, aber ohne gehört zu werden. War es Viktor?
Dann fragte Herr Mehrstedt, ob wir auch die Röntgenbilder machen wollen. Ja. Schlimmer kann es nicht werden, und ich muss einmal weniger her, dachte ich. Er zeigte mir diese Kärtchen, womit die Bilder gemacht würden.
Dann bekam ich eine Strahlenschutzschürze um.
Die fühlte sich gut an.
Angenehm.
Sie machte ganz viel in mir.
SICHERHEIT.
NICHT AN MEIN INNERES ZU GELANGEN.
SCHUTZ VOR DEM EINDRINGEN.
Dann ging es los.
Ich war fertig mit den Nerven.
Aber auch hier hatte ich die Sicherheit, dass er nur etwas macht, wenn ich es will.
Er unterbricht, macht Pausen.
Das fand ich sehr gut. Denn diese Sicherheit ist das ‚A und O’. Sonst wäre ich schon längst weggerannt. Ich hatte dann also dieses Kärtchen im Mund. Er richtete dieses Gerät zum Röntgen auf meinen offenen Mund. Ich solle ganz ruhig bleiben, es piept kurz, und das war es dann...
Wieder sehe ich das Bild von einem großen männlichem Genital. Ich schloss die Augen, verließ mich...
Fortsetzung folgt,
aber nicht jetzt, denn ich kann grad nicht.....
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